Die Ruhe nach dem Sturm: Die Kesselschmiede an der ZHAW nach der Abgabe der Semesterarbeiten. Fotos: Gregor Wolfgang Schuler

Das Leben in der Halle

Die ehemalige Kesselschmiede wird von den Studierenden der ZHAW liebevoll «die Halle» genannt. Derzeit sieht es dort aus wie nach geschlagener Schlacht.

Das Winterthurer Sulzerareal hat sich in den letzten neunzig Jahren deutlich verändert. Wo einst Maschinen produziert wurden, bietet sich heute eine grosse Vielfalt von Nutzungen. So findet man hier von Kinos, Bars und Restaurants über Büros und Einkaufsmöglichkeiten bis hin zur Kartbahn, alles was das Herz begehrt. Auch die heutige Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat ihre Abteilung für Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen vor rund zwanzig Jahren im historisch geprägten Quartier untergebracht.
So beherbergt die ehemalige Kesselschmiede (Halle 180) die angehenden Architektinnen und Architekten. Unter den Studierenden wird sie liebevoll «die Halle» genannt. Sie erlebt einige Abläufe wohl jedes Semester von neuem: Anfangs ist die Stimmung meist recht locker. Manchmal sind neue Gesichter zugegen; das Wiedersehen erfreut «alte Hasen» nach den Semesterferien. Bald schon sind die ersten Aufgaben erteilt. Der Schlaf der Studierenden wird weniger, der Stromverbrauch in der Halle höher. Köpfe beginnen zu rauchen. Missratene Skizzen werden zerknüllt, Modelle gebaut, Lichtsituationen überprüft. Nach den Zwischenkritiken sieht man lachende, nachdenkliche, wütende und weinende Gesichter. Es wird diskutiert. Die Projekte werden überarbeitet, neue Modelle gebaut, Pläne gezeichnet, Visualisierungen gefertigt. Vor dem Semesterunterbruch zu Weihnachten sind bereits einige Prüfungen abzulegen. Letzte Fragen zum Entwurf werden beantwortet.
Es folgen besinnliche Tage mit der Familie – eine kurze Verschnaufpause, die Ruhe vor dem Sturm. Sind die teuren Filets und nahrhaften Desserts verspiesen, geht’s zurück an die Arbeit: Letzte Änderungen im Entwurf werden vorgenommen, Pläne abgeändert, Modelle um- oder neugebaut – weder Studierende noch die Halle kommen zur Ruhe. Nach der Abgabe folgt sogleich die Schlusskritik: Hat eine Studentin ihr Projekt präsentiert, wird es von Gastdozenten und Dozenten im Plenum beurteilt. Das kann für einige niederschmetternd sein; andere werden für ihre Arbeit gelobt.
Mit den Semesterprüfungen geht ein Studienhalbjahr zu Ende. Danach löst sich die Anspannung bei den Studierenden. Betritt man die Halle dieser Tage, wähnt man sich auf einem Schlachtfeld. Alles deutet darauf hin, dass es hier noch vor kurzem hoch zu und her gegangen sein muss. Und jetzt: Stille. Verlassene Hörsäle. Leere Präsentationsräume. Chaos im Atelier. Bis es wieder von Neuem losgeht.

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