Bezahlbarer Wohnraum durch Re-Use
Die Innenarchitektur-Studierenden der HSLU haben sich mit der Umnutzung eines Bürogebäudes auf dem Franck Areal in Basel befasst. Sara Huder stellt im Campus ihr Projekt vor.
Für dieses Projekt wurde mir als Nutzende eine dreiköpfige Familie vorgegeben: ein Steuerexperte, eine Umweltaktivistin und ihr vierjähriger Sohn. Ich suchte nach dem verbindenden Element der beiden Berufe und stiess dabei auf die Sparsamkeit: einmal beim Einsparen von Steuerausgaben, einmal beim Sparen von Umweltressourcen. Laut der ‹Wohnstudie 2024› der Meinungsforschungsagentur gfs.bern erwarten die Schweizer:innen von einem Bauprojekt vor allem bezahlbaren Wohnraum und Nachhaltigkeit. Doch wie können diese beiden Anliegen vereint werden? Im ersten Coaching mit den Dozierenden fiel als vermeintliche Lösung der Begriff ‹Re-Use›, den ich jedoch zu Beginn bewusst ausser Acht liess. Stattdessen analysierte ich zuerst den Tagesablauf der Familie und hinterfragte gängige Wohnpraktiken. Daraus resultierte ein Grundriss, der sich auf die wandelnden Bedürfnisse des älterwerdenden Kindes einstellt und variable Nutzungen ermöglicht. Der Grundriss ist in Schichten aufgebaut: ein fensterloser Bereich erhält durch ein Drehwandsystem Zugang zu Licht und Luft, die Verkehrsflächen überlagern sich mit den Nutzungen Stauraum oder Kochen.
Als dieser Grundriss stand, wendete ich mich Plattformen wie Tutti und useagain zu. Ich wollte eine Einrichtung zusammenzustellen, die nicht nach einem «Brocki-Zuhause» aussieht, um zu zeigen, dass auch mit Secondhand jeder Wohnstil bedient werden kann. Die Betondecke der Wohnung soll roh belassen, der Betonboden lediglich geschliffen und poliert werden, die Innenwände aus Fichtenholz unbehandelt bleiben. Entsprechend dem zuvor ermittelten Bedarf an Stauraum, suchte ich gebrauchte Einbauschränke aus, aus deren Masse sich dann die Dimensionen für die Arbeitstische und die Garderobensitzbank ergaben. Diese plante ich aus Resten von MDF-Platten. Für die farbliche Gestaltung ging ich von einer blaugrauen Küche aus, die bereits in diesem Gebäude stand. Die verschiedenen Oberflächen der Secondhand-Möbel sollten im gleichen Farbton lackiert werden, um einen einheitlichen Eindruck zu erhalten. Ich suchte zudem rote Leuchten aus, die die Farbe der bestehenden Fenster aufgreifen. So zieht sich nebst dem blauen auch noch ein roter Faden durch die Wohnung.
Bei einer groben Lebenszyklusanalyse, gestützt auf eine Studie des britischen Möbelindustrieverbands FIRA, komme ich auf zirka 2,8 Tonnen CO₂-Äquivalente, die ich in diesem Projekt durch Wiederverwendung einsparen könnte. Zum Vergleich: Laut der Nachrichtenplattform swissinfo.ch verbrauchten die Schweizer:innen im Jahr 2023 pro Kopf 2,4 Tonnen CO₂ für das Autofahren und 2,2 Tonnen CO₂ für Energie. Die ausgesuchten Secondhand-Möbel kosten insgesamt ungefähr 67 Prozent weniger als neu gekaufte. Dies obwohl auch ein paar Designerstücke Teil der Auswahl sind. Billig sind diese auch aus zweiter Hand nicht, doch sie dienen nicht nur als Einrichtungsgegenstände, sondern auch als Wertanlage, denn Möbel wie beispielsweise ein USM Haller-Regal verlieren kaum an Wert.
Eine Gebrauchteinrichtung zu finden und zusammenzustellen ist jedoch auch mit einem grösseren Aufwand verbunden. Die Filterfunktionen auf den Plattformen sind begrenzt, zum Teil fehlen genauere Informationen. Hinzu kommt die Korrespondenz mit den einzelnen Anbieter:innen und die Ungewissheit, ob das inserierte Objekt überhaupt noch verfügbar ist. Eine Ausrede, sich vor dem Thema Re-Use zu drücken, kann dies meiner Meinung nach jedoch nicht sein. Vielmehr sollte es als Ansporn dienen, Plattformen zu verbessern, um diesen alternativen Planungsprozess vermehrt zu verwenden, denn für mich stellt der die Lösung für nachhaltiges und gleichzeitig günstiges Bauen und Einrichten dar.
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* Sara Huder studiert im 3. Semester Innenarchitektur an der Hochschule Luzern Technik & Architektur.