Verstärken Personas bestehende Vorurteile?

Absichtlich eingefügte Imperfektionen

Eva Tiecke studiert an der HSLU Innenarchitektur. Im Campus-Beitrag denkt sie über zu perfekte Entwürfe nach, die bestehende Vorurteile verstärken.

«Hip Hip Hurrah, du bist da!» Mit diesen Worten wurden wir Mitte Februar zum neuen Semester begrüsst. Die Fakultät lädt jeweils eine Person aus der Branche ein, die uns einen Einblick ins Arbeitsleben der Innenarchitektur gibt. Diesmal war es Ron Edwards von der Luzerner Agentur Hurrah.

Ron hat die Agentur mit zwei weiteren Gründern mit unterschiedlichen Ausbildungen ins Leben gerufen. Die drei ergeben ein spannendes Zusammenspiel von Betriebswirtschaft, Innenarchitektur und Grafik. Mit der Agentur wollen sie Markenerlebnisse schaffen, die im physischen Raum und auf den digitalen Kanälen Vertrauen schaffen und im Gedächtnis bleiben. Die Gestaltung soll nicht nur schön, sondern vor allem sinnvoll sein. Drei Schritte führen zu diesem Ziel: Vom ersten Assessment über einen Strategievorschlag bis zum Entwurf, der umgesetzt wird. Zur Unterstützung des Designprozesses definiert die Agentur verschiedene Zielpersönlichkeiten, sogenannte Personas. Sie werden mehr oder weniger detailliert ausgearbeitet – bei grösseren Budgets mit Unterstützung von Umfragen und Marktanalysen.

Klingt super … oder?

Einige Fragen stellten sich mir an diesem Punkt. Es gibt mittlerweile eine Menge Studien zu bewussten und unbewussten Vorurteilen. Bei Personas mit Namen wie ‹Gustav Gourmet›, ‹Fanny Finesse› und ‹Sebastien Status› frage ich mich, inwieweit diese Personas bestehende Vorurteile verstärken. Die vorgestellten Projekte waren alle schön, stimmungsvoll und kohärent. Für mich fast ein bisschen zu perfekt und durchgestylt. Ich mag die absichtlich eingefügten Imperfektionen oder das nicht ganz Passende, das den Entwurf stärker macht – das, was man in Japan Wabi-Sabi nennt: die Schönheit im Unvollkommenen, Unbeständigen und Unvollständigen.

Was wäre, wenn Sebastien heimlich Kaffeerahmdeckel sammelt, oder Fanny gerne auf Skihochtouren geht und es geniesst, mehrere Tage lang die gleichen Kleider zu tragen? Würde mit dieser Variabilität die gleichen Designs entwerfen? Das ist für mich das Schöne an diesen Vorlesungen: die Konfrontation mit einem neuen Thema und das Nachdenken über Dinge, über die man sich vorher keine Gedanken gemacht hat. Ich nehme auf jeden Fall viele spannende Inputs mit, für dieses Semester und den Rest meines Studiums.


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