Visualisierung

Routine am Bundesplatz

Für eine neue Wohn- und Geschäftshausüberbauung am Luzerner Bundesplatz wurde ein eingeladener Wettbewerb durchgeführt. Die «Erfahrung» der Architekten äussert sich in architektonischer Routine.


Auch Luzern besitzt einen Bundesplatz. Anders als bei seinem Namensvetter in Bern handelt es sich hier aber vornehmlich um einen grossen Verkehrskreisel. Die Lage ist dennoch nicht unattraktiv: in Gehdistanz zum Bahhof gelegen, ist der Platz gleichzeitig Brückenkopf der Langensandbrücke, die das Neustadt- mit dem Tribschenquartier verbindet. Auf zwei Parzellen im Süden, die momentan als Parkplatz dienen und direkt auf das Gleisfeld schauen, soll nun eine «urban geprägte, dichte, gemischt genutzte Wohn- und Geschäftshausüberbauung» entstehen, die auch einen «Mehrwert für den umgebenden öffentlichen Raum schafft». Möglich macht dies die neue Bau- und Zonenordnung, die das Areal als potentiellen Hochhausstandort ausweist. Die Bewilligung eines Hochhauses wiederum ist an ein Gestaltungsplan geknüpft, der eine «städtebaulich hochstehende Bebauung» sicherstellen soll. Ausgehend von einer Testplanung haben die beiden Grundeigentümer (HRS Investment und Schweizerische Mobiliar) nun einen Projektwettbewerb durchgeführt, der als Grundlage für das Gestaltungsplanverfahren dient. 

Eingeladen waren zehn Architekturbüros: zwei davon aus Luzern, eines aus Lausanne, sieben aus dem Pool der üblichen Verdächtigen deutschschweizerischer Architekturproduktion. Das prämierte Projekt stammt aus der letzten Gruppe (Steib & Geschwentner Architekten in Arbeitsgemeinschaft mit den jungen toblergmür Architekten) und fällt erwartungsgemäss aus: es ist organisatorisch und ökonomisch so solid, wie es im architektonischen Ausdruck austauschbar bleibt. Letzteres ist allerdings eine Beobachtung, die für die Mehrzahl der Projekte gilt: die durch den eingeladenen Wettbewerb garantierte «Erfahrung» der Teilnehmer führt nicht selten zu architektonischer Routine ohne Biss. Was also sprach für das zur Weiterbearbeitung empfohlene Projekt? Über die «eher banale» architektonische Erscheinung und den angemessenen Ausdruck der Gebäude sei natürlich «lange und ausgiebig» diskutiert worden, schreibt die Jury und fordert für die weitere Projektentwicklung eine «charaktervollere, aus den Bedingungen des spezifischen Ortes heraus entwickelten Fassadengestaltung mit einem hohen Identifikationspotential».

Ausschlaggebend seien letztlich städtebauliche Argumente und die hohe Wohnqualität gewesen: Einerseits sei es den Verfassern mittels einer sehr geschickten Schnittlösung gelungen, die Anlieferung für den Grossverteiler ins Gebäude zu integrieren und so in der Situation einen qualitätsvollen öffentlichen Aussenraum zu schaffen, andererseits überzeuge der Vorschlag durch eine vorbildliche Erschliessungseffizienz und eine attraktive Wohntypologie, die die spezifische Lage optimal ausnütze und den unterschiedlichen Orientierungen gerecht zu werden vermöge. 


Bundesplatz Süd, Luzern

Eingeladener Wettbewerb im anonymen Verfahren für HRS Investment und die Schweizerische Mobiliar

Fachjury: Tomaso Zanoni, Roger Boltshauser, Dieter Geissbühler, Massimo Fontana, Jürg Rehsteiner

– 1. Rang (nach Bereinigungsstufe): Steib & Geschwentner Architekten und toblergmür Architekten, Zürich

– 2. Rang (nach Bereinigungsstufe): Graber Pulver Architekten, Zürich/Bern

– 3. Rang: Caruso St John Architects AG, Zürich/London

Weitere Teilnehmer:

– Burckhardt + Partner, Zürich

– Edelaar Mosayebi Inderbitzin Architekten, Zürich

– Niklaus Graber & Christoph Steiger Architekten, Luzern

– Richter Dahl Rocha & Associés architectes und NYX architectes, Lausanne/Zürich

– Staufer & Hasler Architekten, Frauenfeld

– Deon Architekten, Luzern

– Schärli Architekten, Luzern

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Kommentare

Mateja 16.12.2016 12:19
Was jammert ihr? Ich plädiere für offene Wettbewerbe und ausgewogene und unabhängige Juries. So wie diese aufgestellt war, war das Resultat vorhersehbar. Parity ist dazu auch in Luzern ein Fremdwort... Hauptsache: immer schön unaufgeregt.
Caspar Schärer 16.12.2016 11:10
Es gibt einen Grund, warum Laurent Stalder und ich im letzten November die Einsiedler Architekturgespräche zum Thema «Welche Wettbewerbe?» durchgeführt haben.
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