Eine Eigenheit von Alters- und Pflegeheimen ist das Ungefähre: Sie sind weder reine Wohnhäuser noch wirklich öffentliche Gebäude, sie suchen die Integration in das Gemeindeleben und bieten gleichzeitig einen Ort des diskreten Rückzugs, sie liegen – der programmatischen Unschärfe entsprechend – weder im Ortszentrum noch im Grünen, sondern meist in einem dispersen Irgendwo zwischen Siedlung und Landschaft. Als eine der möglichen architektonischen Antworten auf dieses Ungefähre hat sich in den letzten Jahren der schmetterlingsförmige Grundriss etabliert. Seine Plausibilität liegt zum einen in der kontextuellen Geschmeidigkeit: die freie, ebenfalls ungefähre geometrische Form lässt sich sowohl landschaftlich als auch als situative Anknüpfung an das gebaute Umfeld interpretieren. Mit der Verteilung des Programms auf zwei verknüpfte Teilvolumen entstehen zum andern überblickbare Wohneinheiten, die der latenten Anonymität solcher Pflegeeinrichtungen mildernd entgegenwirken. Mit der Gliederung der Schmetterlingsform tritt das meist beträchtliche Bauvolumen schliesslich weniger massig in Erscheinung tritt, als es in Wirklichkeit ist – auch das eine Antwort auf ein Programm, das zwischen privat und öffentlich changiert.Man kann also schon fast von einem bewährten Typus sprechen, wenn das junge Büro Gonzalo Neri & Weck für den Neubau des Betagtenheims in Sevelen in einer ebensolchen Situation auf einen ebensolchen Grundriss setzt («Noeud papillon», Schmetterlingsknoten, lautete ihr Kennwort). Die oben beschriebenen Vorteile stellen sich bei ihrem Projekt locker ein, aber bemerkenswerter ist, wie die Verfasser dem Ungefähren von Situation und Setzung eine architektonische Stringenz abtrotzen, die aus einer tendenziell «schwachen Form» doch ein selbstbewusstes Bauwerk entstehen lässt. Auf der städtebaulichen Ebene bleibt der Schmetterling dabei zwangsläufig ein...