Erdgeschoss

Im Sog des Dreiecks

Der Wettbewerb für das Neue Schuhlaus Staffeln in Luzern zeigt einmal mehr, dass der offene Wettbewerb die interessantesten Lösungen hervorbringt. Blätter Dafflon gewinnen vor Lütjens Padmanabhan Architekten.

Dass die Idee des Schulensembles nicht zwingend nach einer orthogonalen Ordnung verlangt, sondern sich auch aus der freien Setzung von leicht zueinander verdrehten Volumen entwickeln kann, ist keine neue Erkenntnis. Die gängige Figur einer solchen Lösung setzt sich aus würfelförmigen Körpern zusammen, zwischen denen der Aussenraum ohne allzu dominante Hierarchie hindurchfliesst. Eine eigenwillige Variation dieses Typus präsentieren Blättler Dafflon Architekten mit ihrem erstrangierten Projekt für das Neue Schulhaus Staffeln in Luzern: Drei Körper stehen hier auf den ersten Blick frei auf dem Areal, aber zwei davon ziehen sich ungewohnt in die Länge und stossen mit ihren Enden fast an die Perimetergrenze. Die schmalen Stirnfassaden rücken gleichzeitig eng zueinander und bilden mit dem dritten, quadratischen Körper einen zentralen Platz, auf den sich die ganze Schulanlage sogartig zusammen zu ziehen scheint. Eine dichte Mitte in Form eines gleichseitigen Dreiecks, dessen Regelhaftigkeit aber durch die versetzte Platzierung der Bauten gleich wieder gebrochen wird: Aufreizend nah stossen hier Gebäudeecken an Eingangsfassaden und schaffen ein Ort, der in einer spannungsvollen Schwebe zwischen Präzision und Offenheit gehalten ist.

Auch wenn man sich vielleicht eine kräftigere Architektur gewünscht hätte, die der körperhaften Setzung mit baulicher Plastizität entsprechen würde, zeigt sich an diesem Projekt einmal mehr, dass der offene Wettbewerb nach wie vor die interessantesten und unerwartetsten Lösungen hervorbringt. Freilich braucht es dazu eine wache, aufmerksame, auch risikofreudige Jury. Dass dies in Luzern der Fall war, bestätigt die Vergabe des zweiten Rang an Lütjens Padmanabhan Architekten, die mit ihrem Schule-als-Dorf-Projekt nicht nur die architektonisch ausgetrampelten Pfade der letzten Jahre verlassen, sondern in ihren Entwurf gleich die Umrisse einer zukünftigen Pädagogik eingeschrieben haben. Formal rührt das Projekt die Trommel des Postmoderne-Revivals: John Hejduks dreieckige Vordächer grüssen aus der Ferne, und würde man die Sättigung der bunten Häuserfassaden noch etwas hochfahren, befände man sich mitten in der Fröhlichkeit einer Architektur gewordenen Memphis-Welt. Faszinierend irgendwie, und man ist gespannt, wo das noch hinführt.


Neubau Schulhaus Staffeln
Projektwettbewerb im offenen Verfahren für die Stadt Luzern
Fachjury: Jürg Rehsteiner, Roger Boltshauser, Annette Gigon, Marco Merz, Armando Meletta, Sibylle Aubort Raderschall

– 1. Rang: Blättler Dafflon Architekten, Zürich, mit Balliana Schubert Landschaftsarchitekten, Zürich
– 2. Rang: Lütjens Padmanabhan Architekten, Zürich
– 3. Rang: Masswerk Architekten, Luzern, mit freiraumarchitektur, Luzern
– 4. Rang: ARGE Aita Flury, Zürich, & Marco
Teixeira Duarte Architekt, Zürich, mit Pascal Heyraud, Neuchatel
– 5. Rang: Architekturbüro Angela Deuber, Chur, mit Tobler Landschaftsarchitekten, Haldenstein
– 6. Rang: E2A Piet Eckert und Wim Eckert Architekten, Zürich, mit Raymond Vogel Landschaften, Zürich
– 7. Rang: Enzmann Fischer Partner, Zürich, mit koepflipartner Landschaftsarchitekten, Luzern
– 8. Rang: Stücheli Architekten, Zürich, mit Bryum GmbH, Basel
– 9. Rang: Büro Konstrukt Architekten, Luzern, mit Maurus Schifferli Landschaftsarchitekt, Bern
– 10. Rang: Manuel Burkhardt Architekt, Zürich, mit Ludivine Gragy Landscape architect, Zürich

Ausstellung von Dienstag, 31. Mai, bis Freitag, 3. Juni 2016, und von Montag, 6. Juni, bis Samstag, 11. Juni 2016, jeweils von 12 bis 19 Uhr im Schulhaus Staffeln in Reussbühl.

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Kommentare

Reto 06.06.2016 15:35
...das Bermuda Dreieck was die Erweiterung verschwinden lässt. Ein wunderbarer Lösungsansatz! Das wohlgemerkt einwandfrei funktioniert, so lange die Mitte die Mitte bleibt.
Christian 01.06.2016 15:31
Kleine Häuser - kleine Leute...........große Leute- große Häuser ! Venturi lässt grüßen. Trotzdem spielt sich beim ersten und auch zweiten räumlich aber schon gar nicht´s ab!
Roman 31.05.2016 19:24
Natürlich ist der Dreiecksraum stark, aber ist er auch gut? Nennen Sie mal ein paar städtebauliche Vorbilder! Und was ist mit dem Aussenraum, der wird wie üblich zur Restfläche! Gerade in eine sehr heterogenen und lockeren Bebauungsstruktur täte ein ruhiger Körper sehr gut, aber hauptsache "mutig". Mutig ist nicht perse gut, wieso lernt man nicht aus der Geschichte.
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