Visualisierung Einganssituation

Gerichtsgeschichten

Der offene Wettbewerb für das Bezirksgericht in Meilen ist entschieden: Der prämierte Entwurf von raumfindung architekten macht das Gericht zum erzählerischen Thema, ohne in autoritäre Gesten zu verfallen.


Es stimmt schon, was die Jury schreibt: dass hier alles perfekt sitzt wie bei einem Massanzug. Man möchte hinzufügen, dass es sich dabei nicht um das ausgefallendste Modell handelt, nicht um den dernier cri der Architekturmoden, sondern – von aussen betrachtet – um einen Massanzug von bewährt schweizerischem Zuschnitt. Das hat nun aber durchaus etwas Angenehmes, verleitet die Bauaufgabe eines Gerichts doch gern zu einer überhöhten Symbolik, die letztlich nur von der Autorität der Justiz zu sprechen weiss.

Vom Gericht und seinen Abläufen erzählen die erstrangierten raumfindung architekten auch, aber sie tun dies vor allem mit einer ausgefeilten innenräumlichen Komposition: Der Raum bildet Nischen und Erweiterungen, er ist hier geschlossen und dort offen, einmal gedrungen, einmal hoch, und so gelingt es dem Projekt, die spezifischen Funktionen, nach denen das Gericht verlangt – die Gerichtssäle mit den angeschlossenen Wartezonen und Besprechungszimmern, aber auch die Eingangsschleuse, die Kasse oder den «Diskretschalter» – in eine dramaturgisch wirksame Struktur zu übersetzen. Pragmatische Erfordernisse wie Sicherheit und Privatsphäre werden zum architektonischen Thema, es entsteht eine Raumfolge, die – so die Jury – gleichzeitig «poetisch und hierarchisch korrekt» ist.
 
Der verdientermassen prämierte Entwurf ergänzt die Bezirksanlage Meilen aus den Fünfziger Jahren, die an ihre Kapazitätsgrenzen gestossen ist. Im Neubau kommen die öffentlichen Funktionen des Bezirksgerichts unter, die Büronutzungen des Gerichts verbleiben im Altbau. Bis Herbst 2017 soll dem Regierungsrat und dem Kantonsrat ein bewilligungsfähiges Bauprojekt vorliegen. Wenn diese dem Projekt zustimmen und keine Rekurse gegen das Bauprojekt erfolgen, sollte der Neubau 2022 bezugsbereit sein.

Bezirksgebäude Meilen, Erweiterung Bezirksgericht
Offener Projektwettbewerb für das Hochbauamt des Kantons Zürich
Fachjury: David Vogt, Astrid Staufer, Andrea Schweizer
– 1. Rang (nach Bereinigungsstufe): raumfindung Architekten, Rapperswil
– 2. Rang (nach Bereinigungsstufe): lilin Architekten, Zürich
– 3. Rang: Menzi Bürgler Architekten, Zürich
– 4. Rang: SAM Architekten und Partner, Zürich
– 5. Rang: ds.architekten, Basel

Die Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten ist im Bürogebäude an der Zollstrasse 36 in Zürich (2. Obergeschoss) frei zugänglich. Sie dauert vom 18. bis 27. Mai 2016 (Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 12 bis 18 Uhr).

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