Der Seebahn-Park würde sich als grünes Band von der Hohlstrasse (links) bis zum Bahnhof Wiedikon ziehen.

Seebahn: Park statt Graben?

Soll man den Graben der Seebahn in Zürich zuschütten und darauf den Seebahn-Park anlegen? Eine Projektgruppe präsentierte heute ihre Idee.

Als im November 1927 in Zürich die liefergelegte Seebahnlinie eingeweiht wurde, war dies das Ende einer jahrzehntelangen Planungszeit und der Anfang einer neuen Epoche: Endlich war die Entwicklung Zürichs Richtung Westen nicht mehr durch die unzähligen oft geschlossenen Barrieren der linksufrigen Zürchseelinie behindert. Zwischen dem Kohlendreieck und dem Bahnhof Wiedikon verlief das Bahntrassee fortan in einem Einschnitt und verschwand dann im Tunnel.

Radikale Trennung
Der Einschnitt der Seebahn ist also nicht naturgegeben, sondern von Menschenhand geschaffen. Also könnte man ihn doch auch von Menschenhand wieder zuschütten – und darauf einen Park anlegen. Dies dachte sich eine Projektgruppe aus Thomas Brunner (Hotel Greulich), Steff Fischer (Fischer Immobilienmanagement), Martin Hofer (Wüest & Partner) und der Raumplaner Peter Keller. Während anderthalb Jahren entwickelten sie als «Projektgruppe Greulich» den Vorschlag, den sie heute Montag, 4. September, im Hotel Greulich präsentierte: den Seebahn-Park.
Sie konstatierten, dass die Stadtkreise 3 und 4 beidseits des «Seebahn-Grabens» mit Grünräumen unterversorgt sei, dass der Bahneinschnitt eine unwirtliche und lärmige Verkehrsschneise sei und die Stadtkreise trotz der sechs Brücken «radikal» trenne. Würde man den Einschnitt auf seiner gesamten Länge von rund 1 Kilometer überdecken, würde man damit 42’000 Quadratmeter Land gewinnen – nicht, um zu überbauen, sondern um als Park zu gestalten. Die gesamte Grünanlage würde durch die sechs Brücken in sechs Abschnitte unterteilt: Greulichpark, Anwandpark, Lochergutpark, Kalkbreitepark, Tramdepotpark und Bahnhof-Wiedikon-Park. Diese könnten entsprechend den unterschiedlichen Bedürfnissen der angrenzenden Gebiete gestaltet werden.

Grünraum für das Quartier
Der Park wäre ein attraktiver Grün- und Erholungsraum für die Quartiere Aussersihl und Wiedikon und würde die beiden Stadtteile beiseits des Bahneinschnitts miteinander verbinden. Die Emissionen der Bahn – Lärm, Staub, Rost – würden eliminiert. Das grüne Band bliebe – mit Ausnahme einzelner Pavillons – von jeder Bebauung frei, das denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude von Wiedikon bliebe erhalten. Einzig an den Anfangspunkten des Seebahn-Parks, bei der Hohlstrasse und neben dem Bahnhof Wiedikon, können sich die Initianten Hochbauten vorstellen.
Die vier Initianten schätzen die Kosten auf 300 bis 400 Millionen Franken und stellen sich verschiedene Finanzquellen vor: die vor der Einführung stehende Mehrwertabgabe, das Agglomerationsprogramm des Bundes, der Kanton Zürich, der Lotteriefonds, die Stadt Zürich, private Stiftungen und Spenden. Die SBB als Grundeigentümerin stehe dem Vorschlag neutral bis grundsätzlich positiv gegenüber. Den SBB dürfen dabei jedoch keine Kosten entstehen und die Anforderungen von Technik, Betrieb und Sicherheit müssten stets erfüllt sein. Begeistern liess sich offenbar Stadtrat Filippo Leutenegger, Vorsteher des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements, und auch Stadtrat André Odermatt, Vorsteher des Hochbaudepartements, unterstützt die Idee.

Hohe Hürden und nächste Schritte
Den Initianten ist klar, dass die Hürden für den Seebahn-Park hoch sind, dies nicht allein wegen den Kosten, sondern auch wegen den Anforderungen der SBB: So müsste die Höhe des künftigen Tunnels 7,5 Meter ab Schienenoberkante betragen, der Tunnel müsste stützenfrei sein, die Fluchtwege müssten neu konzipiert werden. Ausserdem sei längerfristig Platz für ein fünftes Gleis vorzusehen. Der Bahnbetrieb müsste auch während dem Bau dauerhaft aufrecht erhalten werden, wobei beim Bau eines Tunnels der Gleisabstand vergrössert werden müsse.
Nun sind die Initianten gespannt auf das Echo der Öffentlichkeit. Wenn dies grundsätzlich positiv ist, wollen sie sich weitere Überlegungen zur Gestaltung und Nutzung sowie zur Konstruktion und Finanzierung machen. Schliesslich soll ein Netz verschiedener Interessengruppen, von Fachleuten und von Personen aus der Politik und Verwaltung geknüpft werden. Dies würde am Ende den Aufbau einer Trägerschaft ermöglichen, die das Projekt entwickelt, die Finanzierung sichert und den Seebahn-Park schliesslich realisiert.


Wann ist es soweit? «Wir treffen uns in fünf Jahren zur Eröffnung der ersten Etappe», meinte Steff Fischer augenzwinkernd. Aber vielleicht dauert es dann auch eine bis zwei Generationen, bis es soweit ist.

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