Eine Bewohnerin im Stürlerhaus in Bern empfindet das Jäten als meditative Tätigkeit. Fotos: Martin Linsi

Gärtnern im Alter

Die Tagung «Gemeinsames Gärtnern im Alter» im Museum Rietberg präsentierte das Forschungsprojekt der ZHAW und den Online-Ratgeber «Gartenbox».


Hochparterres Themenheft «Gemeinsames Gärtnern im Alter» zeigt, was Gärten zum Wohlbefinden alter Menschen beitragen. Eine Tagung im Museum Rietberg präsentierte das Forschungsprojekt der ZHAW und den Online-Ratgeber «Gartenbox».


An einer Tagung im Museum Rietberg in Zürich stand ein Forschungsprojekt der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Zentrum. Es ging um Grünräume für die zweite Lebenshälfte. Hochparterre hat dazu mit der Projektleiterin Petra Hagen Hodgson von der ZHAW im Frühling ein Themenheft herausgegeben.
Im Referatebogen zeigte der Soziologe François Höpflinger auf, dass sich das Altern wandelt hin zu mehr Dynamik mit mehr Aktivitäten und Kompetenzen. Die Gerontopsychologin Jutta Stahl erläuterte, dass Altern zwar mit dem Nachlassen der Kräfte und kognitiver Fähigkeiten sowie einem schrumpfenden Beziehungsnetz einhergeht, keineswegs aber das Depressionsrisiko erhöht. Gartenarbeit und soziales Miteinander im Garten gehören zu befriedigenden Tätigkeiten im Alter, um möglichen psychischen Leiden entgegenzuwirken und ein zufriedeneres Leben zu führen.
 Petra Hagen Hodgson stellte als Projektleiterin das Forschungsprojekt der ZHAW «Grünräume für die zweite Lebenshälfte – Förderung von Lebensqualität und Gesundheit durch neue Grünraumqualitäten von Wohnsituationen älterer Menschen in der deutschen Schweiz» vor. Dafür wurden sieben Wohnsituationen untersucht, bei denen der Garten für das Zusammenleben der Menschen wichtig ist – von der Altershausgemeinschaft mit Garten, über die Alterssiedlung bis hin zu grösseren Mehrgenerationen-Genossenschaftssiedlungen.

Gemeinsame Gartenprojekte an die Hand nehmen

Entscheidend für die Forschung war die Möglichkeit, die Entstehung eines gemeinsamen Gartens in einem neuen Alterswohnprojekt von Anfang an begleiten und alle Prozesse genau studieren zu können. Kern der Untersuchungen waren 28 qualitative Interviews mit Bewohnerinnen und Bewohnern. «Das unmittelbare Wohnumfeld gewinnt für immer mehr Menschen, deren Radius kleiner, soziale Kontakte weniger und gesundheitliche Einschränkungen grösser werden an Bedeutung», so der Schluss der Projektleiterin.
Die Ergebnisse des Forschungsprojektes sind im Themenheft «Gemeinsames Gärtnern im Alter» von Hochparterre dokumentiert und nun auch auf der Webseite alter-gruen-raum.ch sowie in der als Ratgeber konzipierten «Gartenbox». Dieser Leitfaden soll Menschen animieren, selber gemeinsame Gartenprojekte an die Hand zu nehmen oder zumindest befähigen, mit Fachleuten ins Gespräch zu kommen. Die «Gartenbox» leitet Schritt für Schritt durch den gesamten Prozess des Gärtnerns, einschliesslich der langen Phase der gemeinsamen Pflege eines Gartens.

Detaillierte Einblicke in ein Alterswohnprojekt
Peter Eberhard, Architekt und Mitinitiant des Forschungsprojekts, stellte sein Kreuzlinger Alterswohnprojekt Bodan 44+ vor. Er gewährte einen detaillierten Einblick in den Entstehungsprozess und betonte, dass die klassischen Methoden des Projektmanagements bei einer selbstgesteuerten Gruppe nicht greifen. Dabei verglich er das prozesshafte Vorgehen mit einem Spiel, bei dem es auf die Mitspielenden und ihre persönlichen Fähigkeiten ebenso ankommt wie auf die Regeln, die sich die Gruppe selber gibt. Der Landschaftsarchitekt Philippe Marti von der Metron präsentierte das Projekt Ecofaubourgs in Schlieren, und zwar als Beispiel für einen speziellen Aussenraum. Dieser kann nicht nur als Quartiertreffpunkt direkt vor der Haustür und als Spielplatz genutzt werden, sondern auch als Ort zum Gärtnern. 
Der Wirtschaftsgeograph von der Pensimo-Gruppe, Joris van Wezemael, zeigte anhand eines Projekts in Kloten auf, dass man Nachbarschaften zwar nicht bauen, aber durch entsprechende räumlich-ästhetische Gestaltung fördern kann. 
Als Mitwirkender im Forschungsprojekt erläuterte der Biologe und Stadtökologe Stefan Ineichen schliesslich, dass mehr Biodiversität sich auch auf die Gartennutzer im Alter günstig auswirkt. Denn die Vielfalt an Lebensräumen und Strukturen bietet ein reicheres Naturerlebnis als säuberlich gemähte Rasenflächen und gestutzte Einheitshecken.

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