Die Bilder zu Flüchtlingen in den Schweizer Zeitungen haben über Nacht gekehrt. Statt Angst vor dem schwarzen Mann, gemeinsames Singen. Fotos: Südostschweiz / Blick

Singen mit Flüchtlingen

Schleunigst muss das Mitgefühl politisch festgezurrt werden, denn FDP, CVP und BDP werden nicht lange Mitleid haben.

Das erste Bild: «Wir sehen nicht weg!» rufen 36 Prominente im «Blick». Vom Bankier zur Schönheitskönigin, von der Autorennfahrerin zum Obdachlosen-Pfarrer, vom Wirtschaftsführer bis zum Modesternchen. Sie umrahmen ein Bild, auf dem eine Flüchtlingskolonne dem Eisenbahngeleise nach Ungarn marschiert. Ein pathetischer Aufruf: Habt Mitleid! Spendet! Und am Tag darauf legt der «Blick» in altgediener Manier nach: Singen, kochen, stricken für Flüchtlinge. Das zweite Bild: Aus vollen Kehlen singen die Flüchtlinge aus dem Rustico von Laax vereint mit den Laaxern unter schönstem Sonnenschein für ihren Standespräsidenten. Vollmundig lobt die «Südostschweiz» die vernüftige Wende der Laaxerinnen und Laaxer und Vitus Dermon, der neue Parlamentspräsident ist von Herzen gerührt. Ich reibe mir die Augen: Wie schnell es doch geht. Kaum ist die Druckerschwärze trocken, mit der die Herren Parteipräsidenten Darbellay von der CVP und Müller von der FdP vor dem schwarzen Mann gewarnt haben, stehen sie ein in die Galerie derer, die «nicht wegsehen». Kaum ein Jahr ist es her, als die Bürger von Laax und der aufgeregte Reto Gurtner, Chef der Weissen Arena, den Untergang ihrer Gemeinde, Ferienhäuser und Skipisten beschworen haben, wenn die Flüchtlinge in ein abgewracktes Hotel einzögen, und dann dies: Ensemen rumantsch! Lernwille stimmt mich seit eh zuversichtlich, ja heiter. Gestern noch die Angst, dass uns richtige oder falsche Flüchtlinge den Wohlstand wegnehmen, heute Gesang im Dorf und eine Welle der Solidarität in der Nation, in der die Blüten der bürgerlichen Politikerinnen und Politiker mitschwimmen. Höchte Zeit nun, dass die Parteien der Herren Müller, Darbellay, Landolt und Levrat – alle vier Herren haben unterschrieben – auf nationaler Ebene sich nun zu einer Politik für Flüchtlinge verbünden werden. Bevor das Mitleid verraucht ist. Ihre Parlamentarier führe...
Singen mit Flüchtlingen

Schleunigst muss das Mitgefühl politisch festgezurrt werden, denn FDP, CVP und BDP werden nicht lange Mitleid haben.

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