Schwer und beschwingt liegt die Elbphilharmonie in der Hamburger Hafencity vor Anker. Fotos: Maxim Schulz

Träumen und dranbleiben

Mit der Elbphilharmonie in Hamburg machen sich Herzog & de Meuron architektonisch endgültig unsterblich. Ein Kommentar.

Die Elbphilharmonie in Hamburg ist ein Bauvorhaben im Drogenrausch: phantastisch, exzessiv – und nahe am Kollaps. Die Visualisierungen, die die Pupillen der Hamburger weiteten, stehen für eine mediengeile Baukultur. Das Konzerthaus feiert die Hochkultur, als würde sie die Gesellschaft erlösen. Gleichzeitig verkörpert es deren Abhängigkeit vom Kommerz. Und zuletzt zeugt der Bau von der Unfähigkeit der Politik, die im Bermudadreieck der deutschen Bauwirtschaft zwischen Hamburgs Philharmonie, Berlins Flughafen und Stuttgarts Bahnhof nichts mehr auf die Reihe kriegt.Doch wer die Realität akzeptiert, kann Hamburg nur beglückwünschen. Die Elbphilharmonie ist ein Jahrhundertbau. Vom Eingang bis zum Konzertsitz entwerfen Herzog & de Meuron Sonderanfertigungen mit Sondereffekt und treiben ihren ornamentierten Minimalismus auf die Spitze. Architektur braucht den Übermut jenseits reiner Utilitas – wenn sie dabei die Stadt nicht vergisst. Dafür stehen die Plaza und die Lage am Wasser, die geradezu nach einer Ikone ruft. Derweil schwappen die Wellen des schwungvollen Aufbaus um die Welt. Schon vor der Eröffnung war das Konzerthaus, was die Oper für Sydney oder der Eiffelturm für Paris heute ist: ein Wahrzeichen. Für die Hafencity. Für Hamburg. Für Aufbruch. Die Architekten reimaginieren, was ein Konzerthaus sein kann: Kulturtempel, Postkartenmotiv, Luxusschrein, Stadtplatz, Industriedenkmal, Quartierikone, Wahrnehmungskatalysator.Doch aller Überschwang nützt nichts ohne solide Basis. Wer herausragend bauen will, braucht Pragmatismus, politisches Geschick, Durchhaltewillen. Dafür steht der spröde Backsteinsockel. Die Stadt wollte Weltklassearchitektur zum Quadratmeterpreis einer Eigentumswohnung. Die Architekten machten aus der Anforderung eine Aufforderung und überhöhten mit der Mantelnutzung die Bedeutung der Institution: Das Parkhaus hebt die Kultur, die Wohnungen ste...
Träumen und dranbleiben

Mit der Elbphilharmonie in Hamburg machen sich Herzog & de Meuron architektonisch endgültig unsterblich. Ein Kommentar.

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