Gebaute Heimat oder romantische Scheinwelt? An der Siedlung Seldwyla in Zumikon schieden sich Ende der Siebzigerjahre die Geister. Fotos: Marcel Rickli

Schwarz auf Weiss

Nach ‹Bildbau› nun ‹Textbau›. So unterschiedlich kann das Schreiben über Architektur sein: Eine Ausstellung am S AM zeigt 15 Diskussionen der letzten Jahrzehnte.

Das hatte man nicht erwartet! Der Raum grellweiss, darin das Schwarz hartgezimmerter Sitzmöbel zwischen Zeitungsstapeln, die Schrift an der Wand verschwommen bis zur Unleserlichkeit. «Das ist ja die Milchbar aus Clockwork Orange» sagt jemand. Kopfschmerz kriecht heran, bis sich das Auge in eines der 15 Bilder von Marcel Rickli flüchtet, deren schwarze Dunkelheit Inseln im weissen Rauschen des Raumes schafft. Ausgerechnet bei einer Ausstellung über Texte läuft das Schweizerische Architekturmuseum zusammen mit den Gestaltern Holzer Kobler zu szenografischen Höhen auf. Schon diese radikale Antwort auf das Problem, keine Ausstellungsobjekte zu haben, sondern nur das abstrakte, geschriebene Wort, lohnt die Reise nach Basel. Doch auch der Inhalt inspiriert. Anhand von 15 medialen Diskursen zeigen Kuratorin Evelyn Steiner und Kurator Hubertus Adam, was Architekturkritik sein kann: Der Lokaljournalist berichtet über den Widerstand gegen das geplante AKW Kaiseraugst, die Fachredaktorin stampft die Siedlung Seldwyla in Grund und Boden, Tages- wie Fachpresse loben einhellig Snozzis Monte Carasso und Caminadas Vrin oder das Gelingen des KKL in Luzern. Beim Gespräch über Märklis La Congiunta bleiben die Fachleute unter sich, bei Hde&Ms Roche Tower (Bau 1) schweigen sie Stille – wer schreibt über was und warum, das breitet die Ausstellung sehr schön aus. Übrigens, so die Kuratoren, sei es die erste zum Thema in Europa.Das Reflektieren übers Schreiben überlassen sie 21 in- und ausländischen Kritikerinnen und Kritikern im zweiten (schwarzen) Ausstellungsraum. Und acht weiteren aus der Schweizer Szene, deren langen Monologen man im Liegestuhl lauschen kann. Dem Geduldigen erschliessen sich die Kriterien der einzelnen Personen und die Mechanismen der Branche, formuliert von Akteuren aus Journalismus oder Hochglanzwelt, Architektur oder Akademie. Tritt man aus dem grünbeleuchteten A...
Schwarz auf Weiss

Nach ‹Bildbau› nun ‹Textbau›. So unterschiedlich kann das Schreiben über Architektur sein: Eine Ausstellung am S AM zeigt 15 Diskussionen der letzten Jahrzehnte.

E-Mail angeben und weiterlesen:

Geben Sie uns Ihre E-Mail-Adresse und wir geben Ihnen unseren Inhalt! Wir möchten Ihnen gerne Zugriff gewähren, obwohl dieser Beitrag Teil unseres Abos ist.