Beim Fabrikationsgebäude Lord & Parisini setzte Luigi Caccia Dominioni dem steinernen Sockel einen sehnigen Leichtbau auf. Fotos: Paolo Monti via Wikimedia

Für eine vielsprachige Architektur

Der italienische Architekt Luigi Caccia Dominioni ist kurz vor seinem 103. Geburtstag verstorben. Ein Nachruf auf einen Baukünstler, dessen Wiederentdeckung in der Schweiz profund nachwirkte.

Verschmitzt blickte er in die Kamera. Architektur nahm er nicht so schwer wie manch andere seiner Kollegen. Der italienische Architekt Luigi Caccia Dominioni entwarf weder schwarz noch weiss wie die Moderne. Er mischte die Farben und Stile bunt – und führt sie zusammen zu einem Ganzen. Seine Architektur ist unbekümmert, menschlich. Vielleicht war auch das ein Grund, warum man dem Mann nicht ansah, dass er schon hundert Jahre gelebt hatte. Caccia Dominioni baute vor allem in Mailand, wo er bis zu seinem Tod wohnte und arbeitete. Daneben auch einiges in der Schweiz, etwa das Augustinerinnenkloster Santa Maria Presentata 1972 in Poschiavo. In den 50er- und 60er-Jahren erregte er Aufsehen mit seinen vielschichtigen Bauten. Danach geriet er in Italien zusehends in Vergessenheit, im Vorwärts der Boomjahre wurde seine Haltung als nostalgisch abgetan. Vor dreissig Jahren entdeckte ihn eine Gruppe Schweizer Architekten für sich und beeinflusste eine halbe Generation. Während Caccias Bauten in Italien zum Teil totsaniert oder abgerissen wurden, haben seine Schweizer Kollegen vieles von seiner vielsprachigen Architektur in ihren Wortschatz aufgenommen. Zu seinem 100. Geburtstag hievte die Architekturzeitschrift «werk, bauen + wohnen» den Italiener sogar aufs Cover und widmete ihm ein ganzes Heft. Caccia kombinierte Bekanntes virtuos, fügt Brüche und Abweichungen ein. Beim  Wohnhaus an der Piazza Carbonari collagierte er Fensterformate, an der Via Ippolito Nievo trifft ein Stützen-Platten-Bau auf einen grossbürgerlichen Grundriss, beim Fabrikationsgebäude Lord & Parisini setzte der Architekt dem steinernen Sockel einen sehnigen Leichtbau auf. Caccias Architektur ist nicht abgeschlossen, sondern offen. Weil er die Geschichte weder ablehnte noch karikierte, sondern aktualisierte. Ob alt oder neu war bei ihm relativ. Er liess sich nicht festnageln auf ein Dogma, baute «modern un...
Für eine vielsprachige Architektur

Der italienische Architekt Luigi Caccia Dominioni ist kurz vor seinem 103. Geburtstag verstorben. Ein Nachruf auf einen Baukünstler, dessen Wiederentdeckung in der Schweiz profund nachwirkte.

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