Einst Kursschiff, nun mit neuer Funktion: die «Romandie I» Fotos: Atelier Oï

Fin de chantier: Mit Oï auf See

Die «Romandie I» fährt nicht mehr Passagiere, sondern Gäste über den See. Das ehemalige Kursschiff wurde vom Kulturtäter und Kapitän Patrik Bucher mit Hilfe des Atelier Oï für einen weiteren Einsatz flott gemacht.

Die «Romandie I» fährt nicht mehr Passagiere, sondern Gäste über den See. Das ehemalige Kursschiff, das nach rund 60 Jahren in Pension hätte gehen müssen, wurde vom Kulturtäter und Kapitän Patrik Bucher für einen weiteren Einsatz flott gemacht. Er hat das Boot restauriert und auf Sicherheit und Stromversorgung geprüft. Die Kabine liess er vom Atelier Oï aus La Neuveville neu gestalten. Armand Louis, einer der drei Gründer des Designbüros, ist gelernter Schiffbauer und bestens vertraut mit der Bootswelt.

Die Auflagen des Kapitäns waren: «Die Romandie», in der einst bis zu 130 Passagiere Platz fan-
den, muss für eine intime Tafelrunde wie auch für eine Stehparty bei sommerlichen wie winterlichen Temperaturen zu benutzen sein. So haben die Designer Tisch, Stuhl und Leuchte entworfen, die entweder im ausladenden oder im kompakten Zustand benutzt werden können. Der Kapitän kann die drei massiven Holztische zu schmalen, hohen Stehtischen hochklappen, die darüber hängenden Deckenleuchten dank einer Origamitechnik öffnen und schliessen und den Lichtkegel damit an die Breite des Tisches anpassen. Die flexible Stuhllehne aus Leder kann er dank Druckknöpfen abnehmen und den Stuhl in einen Hocker oder Beistelltisch verwandeln. Die Möbel aus Mahagoni sind massiv, damit sie auf dem gewölbten Boden aus Doussie-Holz auch bei unruhigem Seegang am Boden haften bleiben. Bar und Tische sind mittig im Raum platziert, sodass ein kleiner Rundgang vom Bug zum Heck möglich ist. Hinter der Bar ist unauffällig eine kleine Toilette untergebracht. Bei warmen Temperaturen bieten die unbedachten Bereiche von Bug und Heck zusätzliche Sitzgelegenheiten.

Die Fenster sind neu doppelt verglast, damit sie im Winter nicht anlaufen und die Sicht gewahrt bleibt. Auch das Licht ist so gewählt, dass es nur wenig in den Fenstern reflektiert, damit die Gäste auch in der Dunkelheit sehen, was an ihnen vorbei zieht. Inspiriert hat sich das Atelier Oï für ihren Entwurf von den Möbeln der englischen Marine im 19. Jahrhundert.

Die Schreinermeister von Röthlisberger haben den Innenausbau und die Möbel hergestellt. Eine besondere Herausforderung war für sie die Senkrechte. Denn ein Boot liegt an Land anders als im Wasser. Im See sinkt das Heck der «Romandie I» tiefer als der Rest des Bootes und erst in diesem Zustand müssen die Senkrechten der Fenster stimmen.

Romandie I, 1952 und 2011

Bielersee und umliegende Gewässer

– Bauherrschaft und Konzept: Verein Kulturschiff.ch, Patrick Bucher, Biel

– Redesign Kabine: Atelier Oï, La Neuveville

– Innenausbau und Möbel: Röthlisberger Schreinerei, Gümligen

– Masse: Länge 19,5 Meter; Breite 5,5 Meter; 
Verdrängung 19 Tonnen; Motor Detroit 4–71 Diesel; Leistung 117 PS; max. Geschwindigkeit ca. 19 km / h

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