Die Siedlung Sonnhalde in Adlikon bei Regensdorf im Jahr 1980. Foto: Jules Vogt, Bildarchiv ETH-Bibliothek

Eine Siedlung geht in Kur

Die bauliche und soziale Reparatur der Siedlung Sonnhalde in Adlikon bei Regensdorf zeigt, was Architekten weltweit beschäftigt: die gesellschaftliche Dimension von Architektur.

Die gesellschaftliche Verantwortung des Architekten ist das Thema der Stunde. Der Pritzker-Preis für den chilenischen Architekten Alejandro Aravena und die von ihm kuratierte Biennale in Venedig haben öffentlichkeitswirksame Zeichen gesetzt. Die Zeit der Stararchitektur, so suggeriert der ‹social turn›, ist abgelaufen: An die Stelle des genialen Baukünstlers tritt der Architekt als Sozialingenieur, statt spektakulärer Bauten interessiert nun die Alltagsarchitektur. Partizipation und Integration der Bewohner ersetzen die autoritären Gesten. Das hört sich einfach an, ist aber in Realität häufig vertrackt. Weder folgt aus dem sozialen Engagement des Architekten allein eine gute Architektur, noch ist dieses Engagement immer so selbstlos, wie es sich darstellt. Poster-Boy des Engagements Genaues Hinsehen lohnt sich, wie ‹Le Monde diplomatique› im Fall Aravena nachgewiesen hat: Seine berühmt gewordenen ‹halben Häuser› im chilenischen Iquique von 2003 – der Architekt baute jeweils Dach, Küche und Bad, die Bewohner sollten selbst weiterbauen – sind laut der Recherche des Journalisten Olivier Namias nur halb so sozial wie angepriesen: Als problematisch taxiert Namias die Finanzierung durch das Unternehmen Antarchile, das auch Miteigentümer von Aravenas Architekturbüro Elemental ist. Was eine staatliche Aufgabe wäre, nämlich die Sorge um menschenwürdige Unterbringung der ärmsten Schichten, schreibt Namias, verwandle sich so in Gesten selektiver Fürsorge der Ölindustrie. Schenkt man dem Bericht Glauben, wonach das Modellprojekt sich in Wahrheit kaum von den Bidonvilles der Umgebung unterscheide und die vom Architekten grosszügig offerierte Haushälfte sich vor allem durch das Fehlen von warmem Wasser, instabile Mauern und billigste Materialien auszeichne, stellt sich die Frage, wer hier wem dient: der Architekt dem Wohl der Bedürftigen? Oder die Bedürftigen de...
Eine Siedlung geht in Kur

Die bauliche und soziale Reparatur der Siedlung Sonnhalde in Adlikon bei Regensdorf zeigt, was Architekten weltweit beschäftigt: die gesellschaftliche Dimension von Architektur.

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