Selbstbewusst, aber mit Respekt vor dem Alten: Anbau in der Fliederstrasse in Zürich. Fotos: Roman Keller

Die Frischzellenkur

Die Aufgabe war relativ bescheiden, die jungen Architekten sind es nicht: Conen Sigl Architekten erweitern ein Mehrfamilienhaus am unteren Zürichberg.

Die Aufgabe war relativ bescheiden, die jungen Architekten sind es nicht: Mit Grundrissen von Palladio-Villen erläutern sie ihr Projekt, die Erweiterung eines 150-jährigen Hauses in Zürich. Vor dem schmalen, weissen Anbau kommt geschulten Betrachtern auch Adolf Loos in den Sinn: Wuchtige Volumen und grosse, stehende Fenster prägen die neue Fassade, west- und talwärts zum kleinen Garten auch Betonteile. Eine selbstbewusste Erweiterung, die allerdings auch dem Alter Respekt zollt: Vorsichtig schiebt sich der Neubau zwischen die Eckpilaster des Hauses und übernimmt die Proportionen seiner Fenster: oben grösser, unten kleiner. Die am unteren Zürichberg üblichen Dachzinnen – umzäunte Terrassen, oben auf den Blechdächern – geraten dort zur betonierten Pergola-Krone. Die grün gestrichene alte Treppe verträgt sich gut mit den schwarz-weissen Wohnungstüren, das aufgefrischte Parkett der Zimmer mit den Betondecken des Anbaus und dem Terrazzoboden, der Alt und Neu miteinander verschränkt. Denn das Raumgefüge haben die Architekten einer Frischzellenkur unterzogen: Die bestehenden sechs Kammern ergänzten sie im Grundriss zu neun ungefähr gleichgrossen Rechtecken – und dort kam Palladio ins Spiel: Das mittlere Rechteck fliesst als T-förmiger Wohnraum in den Anbau, rechts die Küche, links die Loggia. Kräftige Betonpfeiler unterbrechen die Raumflucht und machen, zusammen mit einem graulackierten Deckenfeld, aus dem kleinen Raum im Zentrum eine Halle und die Wohnung zum Erlebnis. Diese Zaubermitte öffnet sich nach allen Seiten: seitlich über symmetrische Durchgänge zu den Zimmern, geradeaus über ein Fenster zum Nachbarn hinüber oder leicht diagonal in den Wohnraum, wo sich die bossierte, ehemalige Aussenecke in den Blick schiebt. In der Küche wäscht man gerne ab, denn hinterm Becken rahmt ein altes Fenstergewände den Blick ins benachbarte Zimmer. Ein Lob gebührt auch d...
Die Frischzellenkur

Die Aufgabe war relativ bescheiden, die jungen Architekten sind es nicht: Conen Sigl Architekten erweitern ein Mehrfamilienhaus am unteren Zürichberg.

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