«Imagination gebiert die Form von Dingen unbekannt», heisst es im letzten Akt von Shakespeares Sommernachtstraum, und so ein unbekanntes Ding möchte auch der diesjährige Schweizer Beitrag zur Architekturbiennale sein, formal und vor allem auch räumlich, aber das ist bei Christian Kerez' Incidental Space mehr oder weniger dasselbe, weil eine dünne Betonschale die äussere Form genauso wie den inneren Hohlraum bestimmt. Wie in einem Zauberlabor hatte man aus merkwürdigen Materialien ebenso merkwürdige kleine Formen gegossen, sie aufgebrochen und neu verschmolzen; die merkwürdigste aller Formen aber wurde digital erfasst und zum begehbaren Raum vergrössert. Ist dieser Raum aus der Imagination geboren? Hier ist nun Vorsicht geboten, denn in den Augen seiner Urheber kennt das unbekannte Ding, das sich für einen langen Sommer in Bruno Gicaomettis Pavillon niedergelassen hat, gerade dies nicht: den Urheber, den schöpferischen Architekten, die künstlerische Autorität. Nicht die individuelle Imagination stand am Anfang der ohnehin verwickelten Raumgenese, so hört man, sondern das Ziel, die Grenzen des Denk- und Machbaren zu testen, ja, gewissermassen die Imagination selbst herauszufordern. Am kleinen, aber feinen Symposium «Architecture During Art», das die Schweizer Traditionsfirma Laufen Bathrooms parallel zur Art Basel ausrichtete und welches dieses Jahr mehrheitlich im Zeichen des Incidental Space stand (es gab auch noch eine sympathische Lecture des brasilianischen Altmeisters Ruy Ohtake zu hören), übte man sich darum in den Definitionen ex negativo: Diese Architektur, die vielleicht gar keine Architektur sei oder dann eine Architektur, wie wir sie uns bisher nicht hätten vorstellen können, diese Architektur also, so wurde einem gesagt, sei «nicht-intentional», «nicht-repräsentativ» und «nicht-symbolisch», sie kenne weder Vorbilder noch Autoren, sie wolle nichts b...