Hauptsache Strom: Das «solare Mehrfamilienhaus» Bischof in Ursy FR erhielt einen Schweizer Solaraward 2014. Fotos: Schweizer Solarpreis 2014

Der Zahlenpreis

Der Schweizer Solarpreis kürt alljährlich Häuser, die mehr Strom produzieren, als sie verbrauchen: «PlusEnergieBauten®». Weder die Qualität der Architektur scheint dabei eine Rolle zu spielen, noch andere Kriterien der Nachhaltigkeit.

Der Titel der Pressemeldung verkündet: «PlusEnergieBauten® statt CHF 10 Milliarden für Energieimporte». Und gibt den Tenor des Schweizer Solarpreises wieder, der heute am 3. Oktober zum 24. Mal verliehen wurde. Wie ein Agitator rührt der Geschäftsführer der austragenden Solaragentur, Gallus Cadonau, die Trommel für seine Sache, die Energiewende mittels Solartechnik. Sein Preis kürt Zahlen, nicht Bauten.
Das liest sich dann so: Die «115%-PEB-Verwaltungsbau-Sanierung Flumroc» in Flums bekam einen von zwei «Norman Foster Solar Awards» verliehen. Der andere ging an ein Ferienhaus in Amden («165%-PlusEnergie-Einfamilienhaus»). Wir lesen: «Dank der vorbildlichen Solararchitektur, der ausgezeichneten Wärmedämmung von 34 cm mit sehr guten U-Werten, A+++-Haushaltgeräten und LED-Lampen würde der Neubau im ganzjährig bewohnten Zustand insgesamt rund 11’900 kWh/a benötigen.» Äh, was genau war noch mal Nachhaltigkeit?
Ein PlusEnergieBau®-Diplom ging ans «292%-PEB-EFH» in Günsberg mit dem lobenden Hinweis, der Bauherr könne mit dem Solarstromüberschuss 2 vergleichbare Häuser CO2-frei versorgen oder in einem Elektromobil 2,5 Mal die ganze Welt umrunden.
Wir verlieren uns in den 31 Preisen, Diplomen, Auszeichnungen, Ehrenpreisen für Bauten, Persönlichkeiten, Institutionen und Anlagen. Gern möchten wir lesen, welche Architekten hinter den Häusern stecken, welche Kriterien die Jury diskutierte. Stattdessen lesen wir Zahlen, Zahlen, Zahlen. Der Energiegewinn am Bau ist ja an sich lobenswert. Aber sollte man dafür Häuser niederer Architekturqualität auszeichnen, wie viele der kleinen Bilder vermuten lassen?
Vielleicht schafft es der Schweizer Solarpreis zum 25jährigen Jubiläum nächstes Jahr, den Blick auf die Strom produzierenden Solardächer mit dem Blick auf andere Kriterien der Nachhaltigkeit zu verbinden. Und den Blick auf die Qualität der Architektur, denn darum geht es doch: Mit der sich stetig verbessernden und günstiger werdenden Technik gute Häuser zu bauen. Nicht nur Zahlen!

close

Kommentare

Kommentar schreiben