Das Material gibt die Vergangenheit vor, die Form die Gegenwart: Erweiterung der Tate Modern in London. Fotos: © Iwan Baan

Am Durchbruch weitermauern

21 Jahre und 331 Projekte nachdem Herzog & de Meuron mit ihrem Wettbewerbssieg für die Tate Modern die Architekturwelt aufrüttelten, erweitern sie ihren wichtigsten Bau – schiefwinklig aufbegehrend, aber backsteintreu dem Bestand.

Wie ein Eisberg ragt er hinter der Tate Modern hervor, diesem Supertanker der modernen Kunst in London. Die Wände knicken, die Kanten stürzen – das Gegenteil der klaren Linien der alten Power Station, die Giles Gilbert Scott 1947 und 1963 entwarf. Alle sprechen sie nun von diesem kulturellen Meilenstein, der heute eröffnet wird. Doch wer Herzog & de Meurons Erweiterung verstehen will, muss die Architektur- und Museumsgeschichte, die hier geschrieben wurde, von hinten aufrollen.Es war ein Coup, als Jacques Herzog und Pierre de Meuron 1995 den Wettbewerb gewannen. Die damals 45-jährigen Architekten setzten sich mit einem simplen wie genialen Vorschlag gegen 148 Mitbewerber durch: Sie stockten das Industriemonument auf und entrümpelten die alte Turbinenhalle, die fortan den Menschen statt den Maschinen gehörte. Das 2000 eröffnete Museum katapultierte das Büro in die Championsliga der Architektur. Und es bescherte der Tate, dem grössten Museum für moderne Kunst der Welt, Jahr für Jahr Besucherrekorde. Ein Beispiel für architektonische Qualität, die sich direkt in Publikumsansturm übersetzt. Bereits vier Jahre später begann die Planung für eine Erweiterung. Die Welt hat sich verändert seither. Die Tate Modern erweckte das südlichen Ufer der Themse aus dem Dornröschenschlaf. Rundum entstanden Glastürme, der scherbenförmige Shard holte jüngst den europäischen Höhenrekord. Herzog & de Meuron haben in der Zwischenzeit auf vier von fünf Kontinenten gebaut, den Pritzerpreis erhalten und sind auf über 400 Mitarbeiter gewachsen. Das Tate-Team aber blieb dasselbe: Um ihr Meisterwerk zu erweitern, spannten die Architekten erneut mit dem Designer Jasper Morrison und dem Landschaftsarchitekt Günther Vogt zusammen. Backstein statt Glas Wie schliesst man an seinem grössten Hit an, ohne sich zu wiederholen oder zu blamieren? Der Entwurfsprozess verdeutlicht, wie sehr s...
Am Durchbruch weitermauern

21 Jahre und 331 Projekte nachdem Herzog & de Meuron mit ihrem Wettbewerbssieg für die Tate Modern die Architekturwelt aufrüttelten, erweitern sie ihren wichtigsten Bau – schiefwinklig aufbegehrend, aber backsteintreu dem Bestand.

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