Anhand des Flora-Ruchat-Roncati-Garten zeigt Masterstudent Martin Zwahlen in seinem ‹Campus›-Beitrag auf, wie sich das Gelände der ETH Hönggerberg von einem freien Feld in ein dichtes städtisches Gebilde mit rationalisierten Grünräumen gewandelt hat.

Gebauter Garten

Anhand des Flora-Ruchat-Roncati-Garten zeigt Architektur-Masterstudent Martin Zwahlen in seinem ‹Campus›-Beitrag auf, wie sich das Gelände der ETH Hönggerberg von einem freien Feld in ein dichtes städtisches Gebilde mit rationalisierten Grünräumen gewandelt hat.




Alles ist ruhig, nur das Rattern des Traktors über den Feldern ist zu hören. Der Bauer erntet in der noch warmen Herbstsonne seine Kartoffeln. In den kommenden Monaten werden die Temperaturen weiter sinken, der Acker liegt brach und kann sich ausruhen, bis im nächsten Frühjahr erneut ausgesät wird. Jährlich wiederholt sich der Zyklus, der Landwirt bepflanzt seine Felder immer neu mit verschiedenen Getreide- und Gemüsesorten. Doch aus diesem Kartoffelfeld gewinnt er nun seine letzte Ernte, denn die Stadt Zürich hat ihm mitgeteilt, dass sie dieses Bauland benötigt, um die Hochschule zu erweitern.

Erste Sonnenstrahlen kommen hinter dem Käferberg hervor und erwärmen langsam den Boden, der Lärm der Baustelle ist seit Stunden zuhören. Seit einem Jahrzehnt werden die Arbeiter täglich in der frischen Morgenluft zum Bauplatz hochgefahren. Gewerkt wird am neuen Aussenstandort der ETH Zürich auf dem Plateau des Hönggerbergs. Dieses Projekt stellt für die Planer und Naturschützer eine Herausforderung dar, denn der Entwurf will vereinzelte Bauten in einer grünen und natürlichen geformten Landschaft platzieren, zwischen zwei Waldränder. Bis zur Fertigstellung der Campusgebäude dienen die Freiräumen zwischen den Gebäuden der Lagerung von Erdaushub, Baumaterial und sonstigem Schutt. Im nächsten Schritt sollen sie mit Bäumen, Sträussen und Wasserflächen geschmückt werden. Für Studenten, Forscherinnen und Spaziergänger soll der Campus eine facettenreichen Anlage mit verschiedenen zu entdeckenden Orten werden.

Rasch verschwindet die Frühjahrssonne hinter dem dunkelbraunen, fünfstöckigen HIL-Gebäude. Im davorliegenden Weiher, umgeben von im Wind tanzendem Schilf, spiegelt sich die Fassade. Um die Wasserfläche gruppieren sich locker Baumgruppen, kleine Erderhöhungen und vereinzelte Bänke. Diesen Flora-Ruchat-Roncati-Garten trennen auf Pfähle gestellte, weisse Holzpavillons von der stark befahrenen Strasse ab. Zwei junge Studierende geniessen einen freien Moment auf einer Bank, im Hintergrund zwitschern die auch paarungswilligen Vögel. Einander zugeneigt nimmt das Paar im Garten die sich bewegenden, anonymen Silhouetten hinter den bronzefarbenen Fenstern nicht wahr.

Während der Nacht fällt Schnee auf die Baustelle, doch die Sonne durchdringt die Wolken und die weisse Decke beginnt zu schmelzen. Der schwarzgekleidete Architekt ist bereits vor Ort. Zu seiner Linken der Weiher, rechts die noch rohen Betonwände und Platten des zukünftigen Labor- und Bürogebäudes HPQ. Das Hochschulareal wächst weiter um der zunehmende Anzahl an Studierenden und Forschern gerecht zu werden. Mit der Verknappung der übriggebliebenen Freiräume verändert sich die städtebauliche Strategie der Schule, es wird abgerissen und verdichtet, in diesem Fall mussten die in der Landschaft integrierten weissen Holzpavillons weichen. Zur Strasse hin strahlt der Neubau die immer urbaner werdende Atmosphäre des Campus aus. Mit seinen fast 25 Metern Untergeschoss befestigt er seine Position für die kommenden Jahre. Die abgrundtiefe Aushubgrube wühlte den Boden auf und hinterliess Spuren, Bäume und Sträusse verschwanden, sodass der vertraute Garten unkenntlich wurde. Die verschonten Gewächse werden Teil der Aussenanlage, der Weiher wird mit einem klar definierten Teich ergänzt und präzis gesetzte Baumgruppen modellieren die Rasenfläche, die sich vor dem neuen Gebäude zu einer Terrasse der Mensa wandelt.

Das anfänglich freistehende und offene bewirtschaftete Feld wird schrittweise von Gebäuden umzingelt, bis die Landflächen ausgehen und ein dichtes städtisches Gebilde mit rationalisierten und funktionalen Grünräumen entsteht. Der Garten ist nicht länger ein Ort für Erholung und Zweisamkeit, sondern wird zum zentralen Objekt im Schaufenster für die Konsumenten in der Mensa.

* Martin Zwahlen studiert an der ETH Zürich Architektur im Master.


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Kommentare

Daniel 25.01.2017 11:17
Grüazi, meine Frau und ich wollen einen Gartenteich einrichten und sind beim Googlen auf diesen Artikeln gestoßen. Meint Ihr, dass macht auch innerstädtisch in einem Hinterhof Sinn? Wir wissen irgendwie noch nicht so wirklich, wie und ob wir da ran sollen, obwohl wir online recht gute Tipps finden. Der erste war schon ganz ratsam :D (https://www.aquagart.de/blog/teichfolie-richtige-groee). Weiterhin viel Erfolg, sieht echt toll aus!
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