Das Atelierhaus des verstorbenen Künstlers Hans Josephsohn riss die Stadt Zürich vor einigen Wochen ab. Anstatt es als Freiraum für Ideen zu nutzen stand der Raum seit dem Tod des Künstlers in 2013 leer. Fotos: Heinrich Helfenstein

Die Stadt im Studium

Der Raum der Hochschule ermöglicht Wissen, Energie und Austausch. Ein realer Beitrag zur Stadt und die damit einhergehende Verantwortung fehlt. Leider.

Architektur ist ein Beitrag zur Stadt. In der Auseinandersetzung mit ihr findet unsere Lehre der Architektur statt. Jedoch bleiben unsere Entwürfe immer schön im Warmen auf dem Hönggerberg und erreichen nie die Stadt. Müssten wir, als Studierende, nicht auch schon mehr zur Stadt beitragen?

Eine Hochschule ermöglicht eine hohe Konzentration an Wissen, Energie und einen Austausch mit unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Diese vorhandenen Bedingungen werden leider selten in einen realen Beitrag zur Stadt umgewandelt. Unsere ganze Energie konzentriert sich auf hypothetische Entwürfe innerhalb eines geschützten Rahmens - der Entwurfsprofessur. Diese erlaubt uns Ideen auszuprobieren, in einem noch unerfahrenen und schwer umsetzbaren Maßstab. Jedoch fehlt der konkrete Versuch, der zu einem wahrnehmbaren Resultat führt, sei es ein konkret architektonisches Objekt oder ein Eingriff im städtischen Raum anderer Natur. Auf eine eigenständige Art das ganze angesammelte Wissen in einem anderen Umfeld zu erproben würde auch unsere Entwürfe bereichern. Diesen gibt die Vielfalt unseres Studiums immer neue Impulse. Wir sind dennoch nie der Realität ausgesetzt und der damit einhergehenden Verantwortung. Die Verantwortung, welche jedes konkrete Projekt mit sich bringt, bekommen wir nie zu spüren.

Als Architekturstudenten haben wir eine spezielle Position gegenüber der Stadt, wir untersuchen sie ständig, sei es im Entwurf oder in der Theorie. Dadurch stoßen wir auf vergessene oder noch unentdeckte Möglichkeiten. Im Gegensatz zu einem Architekturbüro sind wir nicht ökonomisch getrieben. Ein Büro braucht Einkommen um zu überleben, dadurch ist seine Position zur Stadt immer befangen. Die Arbeit eines Architekturbüros ist geleitet von Aufträgen. Unser Mitwirken in der Stadt als Studierende nicht, es kann unseren eigenen Erkenntnissen entspringen. Es entstehen natürlicherweise Arbeiten, die nicht unbedingt zu einem Objekt führen müssen, aber zum Diskurs innerhalb der Stadt beitragen können.

Eigenständige Untersuchungen und Projekte geben uns die Möglichkeit ausserhalb der geschützten Welt der Hochschule eigene Ideen kritisch auszuprobieren. Um diese Gelegenheit wahrzunehmen, müssen wir uns allerdings vom einnehmenden Zug unserer Entwurfsaufgaben befreien.

* Nikolaj Wolff ist ein Architekturstudent an der ETH Zürich.

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